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Gendering Terror

Eine Geschlechtergeschichte des Linksterrorismus in der Schweiz

AutorDominique Grisard
VerlagCampus Verlag
Erscheinungsjahr2011
Seitenanzahl346 Seiten
ISBN9783593409610
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis33,99 EUR
Dass Frauen in linksterroristischen Gruppen aktiv waren und den bewaffneten Kampf befürworteten, rief in den 1970er-Jahren massive Verunsicherungen hervor. Dominique Grisard analysiert am Beispiel des Linksterrorismus in der Schweiz vergeschlechtlichte Sicherheitsdiskurse, die das Phänomen Terrorismus mit der 'pervertierten' Emanzipation ausländischer Frauen verknüpften. Über die Abgrenzung von der Figur der maskulinen, ausländischen Terroristin versicherten sich der Staat und seine Bürger des 'Eigenen', nämlich einer bürgerlichen Geschlechterordnung, die aus Beschützern der Nation und ihren Frauen und Kindern bestand.

Dominique Grisard, Dr. phil., ist Historikerin und arbeitet als wissenschaftliche Assistentin am Zentrum Gender Studies der Universität Basel.

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Leseprobe
III. Synthese und Ausblick (S. 276-277)

Gendering Terror untersuchte massenmediale, strafrechtliche, polizeiliche, sicherheitspolitische und zivilgesellschaftliche Aspekte des Terrorismusphänomens aus einer Geschlechterperspektive. Postuliert wurde eine Verschränkung des dominanten Geschlechter- und Terrorismusdiskurses, die im Kontext der Schweiz der 1970er-Jahre analysiert wurde. Zentral war dabei die Frage, wie symbolische, institutionelle und personale Geschlechteraspekte die Auseinandersetzung mit dem Linksterrorismus der Schweiz prägten. Gleichzeitig interessierte mich auch, wie sich der damalige Umgang mit dem Terrorismus auf den herrschenden Geschlechterdiskurs auswirkte.

Ein entscheidender Ansatz dieser Studie war es dann auch, die Regeln und Logiken einzelner Staatsorgane und BürgerInnen in diskursiven Ereignissen zu verorten. Der Erkenntnisgewinn lag dabei weniger im Verstehen der Einzigartigkeit der Motivationen, sondern in der Verschiebung des Blicks auf die Bedingungen der Thematisierung von Terrorismus und ihrer Verbindung zu Geschlechteraussagen.

Dieser Fokus geht auf das zentrale Forschungsinteresse dieser Studie zurück: die Verschränkung zwischen dem dominanten Terrorismus- und Geschlechterdiskurs in möglichst heterogenen Diskursfeldern zu analysieren. Es sollte als Plädoyer verstanden werden, Terrorismus als vergeschlechtlichten Diskurs zu begreifen, der Alltagsverständnisse von Terrorismus, (Selbst-)Stilisierungen sogenannter TerroristInnen sowie strafrechtliche, politische, polizeiliche, massenmediale sowie weitere (anti-)terroristische Praxen vereint.

Terrorgruppen selbst stellten lediglich ein kleines Puzzleteil der gesamten Maschinerie dar, die bestimmte, was als Terrorismus galt. In der Tat wäre es den hier untersuchten terroristischen Zellen kaum möglich gewesen, im Alleingang ein terroristisches Bedrohungsszenario zu produzieren, geschweige denn diese aufrechtzuerhalten. Zahlreiche weitere AkteurInnen – die Polizei, die Justiz, die Parlamentspolitik, die Medien und die Vereine und einzelne BürgerInnen – waren an der Diskursproduktion beteiligt.

Um die zentralen Ergebnisse dieser Untersuchung zu bündeln, werden zunächst drei grundlegende Regeln der Verschränkung des Terrorismus- und Geschlechterdiskurses thematisiert. Als Zweites gehe ich der Frage nach, welche Machteffekte die Verschränkung von Terrorismus und Geschlecht in den unterschiedlichen Diskursfeldern entfaltete. In einem letzten Schritt wird aus diskurs- und machttheoretischer Geschlechterperspektive eine Einschätzung des Phänomens Terrorismus vorgenommen.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt6
I. Terrorismus und Geschlecht10
II. Analyse der Diskursfelder36
1. Terrorismus als Wissensobjekt: Ergründung von Ursprung und Ursachen36
1.1 Frauenemanzipation als Auslöser des Linksterrorismus37
1.2 Russinnen: Die ›Wurzeln‹ des Terrorismus45
1.3 Fazit: Frauenfiguren und die Dekontextualisierung des Terrorismus52
2. Terrorismus als Medienereignis: Bewaffnete ausländische Frauen und ihre Schweizer Anwälte54
2.1 Die einschlägigen Printmedien56
2.2 Der internationale Terrorismus in den Schweizer Medien: Flugzeugentführungen der Volksfront zur Befreiung Palästinas58
2.3 Die Schweiz und der Terrorismus der Nachbarländer: Der Mythos der deutsch-italienischen Terroristin69
2.4 Terrorisierung der Massenmedien nach deutschem Strickmuster: Die Figur des Schweizer ›Terroristenanwalts‹87
2.5 Fazit: Konfrontation mit dem ›Fremden im Eigenen‹98
3. Strafrechts- und Gerichtspraxis: Angeklagte zwischen Anerkennung als Staatsbürger und Disziplinierung102
3.1 Die einschlägigen Strafnormen105
3.2 Die Gerichtspraxis und ihre Geschlechternarrative119
3.3 Klärung des Straftatbestandes: Das Narrativ des Rechtssubjekts als rationaler männlicher Bürger121
3.4 Strafbemessung: Disziplinierung durch Geschlechternarrative127
3.5 Fazit: (Ent-)Politisierung und Feminisierung145
4. ›Knastkampf‹: (Selbst-)Stilisierungen inhaftierter TerroristInnen148
4.1 Die einschlägigen Widerstandsformen149
4.2 Hungerstreik: Eine massenmediale Form des Widerstands150
4.3 Knastkunst: Eine subtile Kommunikations- und Widerstandsform156
4.4 Juristisches Wissen: Das Widerständige in der Forderung nach Anerkennung durch das Recht162
4.5 Widerstand in Wort und Schrift: Vom ›bewaffneten Kämpfer‹ zur ›Inhaftierten des Hochsicherheitstrakts‹169
4.6 Fazit: ›Bewaffneter Kampf‹: (K)ein Gegendiskurs177
5. Die bundesrätliche und parlamentarische Sicherheitspolitik: Schutz des Staatsbürgers und seiner Familie179
5.1 Die Sicherheitspolitik des Bundesrates180
5.2 Sicherheitspolitische Vorstöße im Parlament185
5.3 Sicherheitspolitische Narrative des Schutzes: Vergeschlechtlichung des ›Eigenen‹ und des ›Fremden‹200
5.4 Fazit: Verunsicherung hegemonialer Männlichkeit207
6. Polizeipraxis: ›Feierabend‹-TerroristInnen als Observationsobjekte210
6.1 Die zuständigen Staatsbehörden211
6.2 Ermittlungstechniken: Objekte der Überwachung215
6.3 Kriminalisierung alternativer Lebensformen: Ablehnung des Wertewandels234
6.4 Fazit: Zusammenspiel des Öffentlichen, Privaten und Geheimen241
7. Zivilgesellschaftlicher Staatsschutz: Unschuldig erscheinender ›Jedermann‹-Terrorismus244
7.1 Die einschlägigen Akteure und Publikationen245
7.2 Antiterrorismus, Antikommunismus, Antifeminismus: Vom Terrorismus schwarzbärtiger Anarchisten zum weichen, weiblichen Terrorismus252
7.3 Wachsamkeit als Bürgerpflicht267
7.4 Fazit: Männerbündische Strukturen und das ›Recht‹ auf Sicherheit273
III. Synthese und Ausblick277
1. Regeln der Diskursverschränkung278
2. Regieren mit (Un-)Sicherheit283
3. Herausforderung hegemonialer Männlichkeit287
Danksagung294
Abkürzungen296
Quellen299
Literatur318

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